Das German Street Photography Festival – Die Inside Story


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Das German Street Photography Festival liegt jetzt 10 Tage zurück. Zeit genug, meine Eindrücke sacken zu lassen und eine kleine Bilanz zu ziehen.

Der Anfang: Hamburg November 2017

Im November 2017 trafen sich Marco Larousse, Siegfried Hansen und ich in Hamburg. Gemeinsam wollten wir eine bessere Sichtbarkeit der deutschen Streetfotografie Szene erreichen. Marco kannte ich seit einigen Jahren, mit Siegfried hatte ich bis dato nur ein paar Mails ausgetauscht. Meine Erwartung war, wir plaudern ein wenig und des Rest des Tages fotografiere ich in Hamburg. Zum Fotografieren kam ich dann nicht. Wir haben viele Stunden geredet und geplant. Wir drei hatten uns gefunden.

Wir planten zwei Projekte: Eine Webseite, die deutsche Strassenfotografie vorstellt und ein Streetfotografie Festival. Die Webseite war für das erste Halbjahr 2018 geplant und das Festival für 2019.

German Street Photography Festival

Erfolge, Misserfolge und die Durstrecke

Der Aufbau der Deutsche Streetfotografie Seite kommt gut voran. Webseiten bauen kann ich gut, wir verständigen uns schnell auf Fotografen und Fotografinnen, die wir zeigen wollen. Der Rest ist dann einfach umsetzen. Die deutsche Streetfotografie Seite wird gut aufgenommen. Und wenn heute jemand nach „Streetfotografie in Deutschland“ googelt, dann stösst er auf ein qualifiziertes Informationsangebot.

Im August erscheint das Buch „Streetfotografie – Made in Germany“ an dem auch Marco, Siegfried und ich mitgeschrieben haben. Wir versuchen, den Rheinwerk Verlag zu bewegen, die Veröffentlichung mit einem Streetfotografie Event zu verbinden. Der Verlag lehnt unser Konzept ab. Eine verpasste Chance.

Marco und Siegfried finden mit dem Goldbek Haus einen geeigneten Veranstaltungsort für unser Street Photography Festival. Wir legen den Termin auf Juni 2019 fest und reservieren den Ort. Was wir ganz lange nicht finden, ist ein Sponsor. Tatsächlich solange nicht, dass wir schon glauben, das Festival verschieben oder gar absagen zu müssen.

German Street Photography Festival

Die heiße Vorbereitungsphase

Ende März 2019 dann die erlösende Zusage von Panasonic Lumix. Der Hauptsponsor steht. Marco baut in Hochgeschwindigkeit eine Webseite für das Festival. Anfang April kommunizieren wir das Festival nach aussen. Wir haben nicht einmal mehr 3 Monate bis zum Beginn des Festivals und viele Fragen sind noch offen:

  • Wie sieht die Tagesordnung aus?
  • Welche Referenten und Referentinnen werden reden?
  • Welche Fotografen und Fotografinnen laden wir zur Ausstellung ein?
  • Auf welcher Plattform lassen wir den Wettbewerb laufen?
  • Wer sitzt in der Jury?
  • Wo lassen wir die Bilder drucken?
  • und ..und..und…

Was folgt sind nicht enden wollende Skype Calls und Whatsapp Chats – und eine unglaubliche Menge Arbeit für die beiden Hamburger Siegfried und Marco.

Das Grossartige ist: Alle sind kurzfristig bereit mitzumachen: Die Kollektive, die Juroren und Jurorinnen, die Referentinnen und das Soul of Street Team. Wir sind überwältigt von der Resonanz. Die Tickets zum Symposium sind binnen kürzester Zeit ausverkauft. Mehr als tausend Bilder werden zum Wettbewerb eingereicht.

Und es bleibt spannend bis zum Schluss: Nicole Struppert erkrankt und kann nicht vortragen, Birka Wiedmaier springt in letzter Sekunde ein (Vielen Dank, liebe Birka und gute Besserung liebe Nicole). Wenige Stunden vor Eröffnung des Festivals stellen wir fest, dass die Bilder sich nicht so hängen lassen, wie geplant. Improvisation ist alles und Freitag abend hängen dann auch die Bilder. Auch sonst ist alles fertig. Ganz glauben kann ich es nicht. Wir haben es tatsächlich geschafft. Das German Street Photography Festival kann beginnen.

German Street Photography Festival Hamburg 2019

Das German Street Photography Festival

Freitag geht es los: Marco Larousse hält die Eröffnungsrede, Siegfried Hansen und ich geben die Gewinner des Wettbewerbs bekannt und die Ausstellung mit über 80 Bildern von 31 Fotografen und Fotografinnen wird eröffnet. Es ist voll, die Stimmung ist toll, viele bekannte Gesichter und viele unbekannte Gesichter mit bekannten Namen.

Samstag ist richtig volles Programm:

  • Marco Larousse gibt eine knackige Standortbestimmung zur Streetfotografie in Deutschland
  • Die 8 Streetfotografie Kollektive stellen sich vor: Berlin1020, Berlin Street Photography Club, Frankfurt Collateral Eyes, Munich Street Photography Collective, NRW35, Nürnberg Unposed, Street Photography Cologne und Unposed Society Hannover. Ich bin beeindruckt von den vielfältigen Initiativen und Aktivitäten der Kollektive. Die Organisation klappt auch ganz wunderbar: Alle sind da, halten sich an den Zeitrahmen und halten gute Vorträge.
  • Siegfried Hansen stellt sein PILOT System vor. Dieser Vortrag gehört für mich zu den Höhepunkten des Festivals. Es macht deutlich, dass gute oder gar großartige Streetfotos kein Zufall sondern das Ergebnis systematischer und auch oft jahrelanger Arbeit sind.
  • Pia Parolin erzählt vom Entstehen und dem Erfolg ihrer „Promenade Moments“ Serie. Es wird sehr deutlich, dass eine gute Serie zu produzieren, die „ankommt“, nur ein Teil des Erfolges ist. Der andere Teil ist eben Initiative, Engagement, Netzwerken und das sehr aktive Vermarkten der eigenen Arbeit.
  • Birka Wiedmaier erzählt wie sie in den Metropolen Moskau und Istanbul fotografiert. Ich bin fasziniert davon, wie sehr es Birka gelingt, sich auf diese so unterschiedlichen Städte einzulassen.
  • Marco Larousse interviewt die beiden Soul of Street Macher Reiner Girsch and Marc Barkowski. Mich beeindruckt einmal mehr die Gelassenheit mit der die beiden vom Blatt machen erzählen. Die Leidenschaft und der Spaß kommt gut rüber. Die harte Arbeit bleibt im Hintergrund.
  • Ich erzähle davon, wie man Streetfotografie in eine Ausstellung bringt. Fazit: Ausstellung machen ist immer ein Teamsport und Ausstellungen bekommt, wer sich um Ausstellungen aktiv bemüht.
  • Es folgt der Photo Slam, Marco, Siegfried und ich besprechen Bilder, die in den Vortagen eingereicht wurden. Siegfried und ich sehen die Bilder das erste mal. Der Photo Slam ist der Hit, wir drei können uns gut die Bälle zu werfen und gleichzeitig unterschiedliche Standpunkte anbieten. Das Publikum geht wirklich mit und wir haben auch im Nachgang viel positives Feedback für den Slam bekommen.

Sonntag war dialogorientiert.

  • Nach einem Impulsvortrag folgt die Gesprächsrunde mit Marco, Siegfried und mir zum Thema „Webseite vs Social Media – Wie präsentiere ich Streetfotografie online?“ Meine persönliches Highlight: Man kann morgens um 10 Uhr die „CMS“ und „https“ sagen, ohne alle sofort einzuschläfern. Mein Fazit: Wer seine Fotografie ernstnimmt, kommt um eine eigene Webseite nicht herum. Die Inhalte hierfür auszuwählen ist weit schwieriger als die Technik zu meistern.
  • Ein Gespräch mit Siegfried und mir zum Thema „Konfliktmanagement auf der Straße“. Für mich das spannendste Ergebnis: Konflikte lassen sich oft schon im Vorfeld vermeiden, wenn man unauffällig und aufdringlich fotografiert.
  • Es folgt die eine offene Fragerunde.
  • Zum Ende der zweite Foto Slam: Wieder ein grosser Spass für uns auf der Bühne und nach den Reaktionen zu urteilen, spannend und unterhaltsam für das Publikum.

Die Street Photography Ausstellung „Mein Kiez“

Die Street Photography Ausstellung „Mein Kiez“ war für mich ein weiteres Highlight des German Street Photography Festivals.

In der Vorbereitung war uns allen sehr klar, wir wollten nicht einfach eine weitere Street Photography Ausstellung. Unsere Idee war eine Ausstellung, die eine Aussage zu Streetfotografie in Deutschland ebenso wie eine Aussage zum Alltag in Deutschland trifft. Entsprechend entschieden wir uns:

  • nur in Deutschland entstandene Street Photography zu zeigen
  • als Thema für die Ausstellung und den Wettbewerb „Mein Kiez“ zu wählen

16 renommierte und in Deutschland aktive Streetfotografen und Streetfotografinnen folgten unserer Einladung:

Birka Wiedmaier, Chris Candid Schirrmacher, Christian Reister, Efi Longinou, Fabian Schreyer, Giulia Thinnes, Martin U Waltz, Michael Monty May, Marco Larousse, Nicole Struppert, Siegfried Hansen, Torsten Köster, Wolfgang Zurborn, Uli Kaufmann und Ying Tang.

15 Fotografen und Fotografinnen erreichten mit Einzelbildern und Serien die Shortlist des Wettbewerbs und wurden ebenfalls ausgestellt.

Herzlichen Glückwunsch an:
Felix Albrecht
Sascha J. Bachmann
Andreas Brandau
Heike Frielingsdorf
Roland Groebe
Alexandra Jeberien
Achim Katzberg
Guido Klumpe
Katharina Kowarczyk
Kalle Kramer
Markus Kühne
Filip Machač
Johannes Maechtel
Sabine Mondorf
Baerbel Niggemann
Mette Welm

Eine unglaubliche Vielfalt in der Ausdrucksweise, viele spannende Bilder und Serien. Mit über 80 Bildern von 31 Fotografen und Fotografinnen war es auch die grösste Ausstellung von Streetfotografie aus Deutschland.

Street Photography Ausstellung German Street Photography Festival 2019

Nachspiel

Nach dem Festival beginnt der Abbau. Verblüffend wie schnell die Ausstellung wieder verschwunden ist. Das Goldbekhaus verwandelt langsam wieder in seinen Originalzustand. Sonntag abends sitze ich erschöpft und glücklich in einem natürlich verspäteten ICE nach Berlin. Siegfried und Marco müssen da noch ackern. Dafür und für viel mehr, danke Jungs!

Danke! Danke! Danke!

Das German Street Photography Festival ist nur möglich gewesen, weil uns so viele unterstützt haben. Thomas Ludwig und das Cosyspeed Team, die uns organisatorisch ganz unglaublich geholfen haben. Das Soul of Street Team, dass das German Street Photography Festival von ersten Idee an gefördert haben. Mark Volz, der das wunderbare Logo entworfen hat. Werner Woska vom Fotomarathon Hamburg, der bei Auf- und Abbau der Ausstellung half. Stefan Groeneveld, der das Festival auf so wunderbare Weise fotografiert hat.

Danke an die Referentinnen Pia Parolin und Birka Widmaier für die spannenden Vorträge.

Dank an die Juroren und Jurorinnen des Wettbewerbs: Wolfgang Zurborn, Giulia Thinnes, Nicole Struppert, Efi Longinou und Susanne Baumgartner

Dank an die Sponsoren ohne deren Ressourcen gar nichts gegangen wäre: Panasonic Lumix, Skylum Luminar, Cosyspeed und Soul of Street.

Last but not least: Danke an alle, die gekommen sind. Danke an alle, die beim Wettbewerb mitgemacht haben. Und ganz besonders danke an alle, die ich vergessen habe zu erwähnen.

Danke auch an die, die über das German Street Photography Festival berichtet haben:

Fazit: Nach dem Festival ist vor dem Festival

Symposium, Slam und Ausstellung waren großartig. Das Beste jedoch waren die Menschen. Viele bekannte Gesichter wieder getroffen und viele neue kennengelernt. Das hat mir unglaublich viel Spaß bereitet.

Ehrlich gesagt, bin ich immer noch ein wenig verblüfft, dass wir das hingekriegt haben. Ich war beeindruckt von der guten Stimmung. Das war wie ein Wochenende unter Freunden. Ich denke, das war ein gelungener Auftakt, und ich bin gespannt, wie sich das Festival entwickeln wird. Siegfried, Marco und ich machen uns hierzu schon unsere Gedanken.

Mich interessieren eure Ideen und auch besonders das, was euch diesmal weniger gut gefallen hat oder was ihr euch das nächste mal anders wünscht. Schreibt eure Anregungen in die in die Kommentare !

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Fotograf Berlin Martin U Waltz

Martin U Waltz ist Fotograf, Fotografie Lehrer und Autor. Street Photography ist seine Leidenschaft. 

Er ist Autor und Co-Autor mehrerer Bücher zum Thema Streetfotografie. Martin hat zahlreiche Fotografie-Preise gewonnen und seine Arbeiten werden international ausgestellt.

Martin unterrichtet leidenschaftlich gerne Fotografie. In Berlin bietet er Street Photography Workshops und individuelle Foto Coachings  an.

 

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2 thoughts on “Das German Street Photography Festival – Die Inside Story”

  1. In meinen Vorüberlegungen zum Festival tauchte die Frage auf, ob es nicht eher ein Symposium als ein Festival wär. Auch verstärkt durch den gemeinsamen Eintritt für Samstag/Sonntag ohne alternative Programm Angebote. Vielleicht führte das dazu, das ich nur Freitag Abend da war. Heute bedauert ich das ein wenig, aber vorher wusste ich dass nicht.

    Ich kenn mich in der Welt der Street Streetphotography festivals nicht so aus, find es aber verblüffend, daß es ein deutsches Festival ist. Kein Hamburger, Berliner, Nürnberger Streetphotography Festival. Werden Street Festivals nicht gerne nach Städten benannt? Richtig toll fühlt sich die Betonung auf Deutsch für mich nicht an. In diesen Facebook/Instagram communities fühlt sich das globaler an.

    • Danke für deine Anmerkungen, Ernst Wilhelm. Wir wollten tatsächlich ein Festival für die deutsche Streetfotografie Szene machen, deutsch im Sinne von in Deutschland aktiv. Die in der Ausstellung vertretenen Künstler waren ja durchaus international.

      Natürlich sind wir alle international verdrahtet und international orientiert. Gleichzeitig finde ich es wichtig, auch fotografisch über das Deutsche zu reflektieren, so unbequem das manchmal sein mag.

      Und es gibt die Sprachbarriere: Vorträge auf Englisch schliessen eben viele deutschsprachige Teilnehmer aus. Ich kann mir Zukunft sehr gut einen internationalen Tag vorstellen.

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